Alles Mais oder was? (2/3)
(...) Als daher die Maiserträge um die Jahrhundertermitte in die Höhe zu schnellen begannen, herrschte weiterhin die Versuchung, der Wunder-Feldfrucht immer mehr Land zu geben. (...) (wurde ihm doch durch die Regierungsrichtlinien zu solchem Vorgehen geraten), mit dem zwangsläufigen Ergebnis, dass der Maispreis verfiel.
(...) Die in den 1950er- und 1960er-Jahren beginnende Flut von billigem Mais machte es zu einem einträglichen Geschäft, Rinder in Großmastanlagen zu mästen statt auf Gras, und Hühner in gigantischen Fabriken zu züchten statt in Farm-Innenhöfen. Viehzüchter aus Iowa konnten nicht mit den in Intensivhaltung fabrikmäßig gezüchteten Tieren konkurieren, die ihr eigener billiger Mais hervorzubringen geholfen hatt, daher verschwanden die Hühner und RInder von der Farm und mit ihnen die Weiden und Heufelder und Zäune.
(...) Und jedes Mal, wenn der Maispreis nachgab, pflanzten sie ein bisschen mehr davon an, um die Ausgaben abzudecken und schuldenfrei zu bleiben. Spätestens in den 1980er-Jahren war dann der vielsetig produzierende bäuerliche Familienbetrieb in Iowa Geschichte, und der Mais war König.
(...) Denn die radikal vereinfachte Mais- und Sojabohnenfarm braucht nicht annähernd so viel menschliche Arbeitskraft wie die alte vielseitig produzierende Farm, vor allem wenn die Farmer 16-reihige Pflanzmaschinen und chemische Unkrautvertilgungsmittel heranziehen können.
(...) Heute ist Churdan praktisch eine Geisterstadt, ein Großteil der Häuser in seiner Hauptstraße hat die Fensterläden zu, die Rollläden herunten. Der Frisörladen, ein Lebensmittelmarkt und das örtliche Kino haben alle in den letzten Jahren dichtgemacht; es gibt ein Cafe und einen kleinen Markt mit spärlichem Sortimentsbestand, die irgendwie noch durchhalten, aber die meisten Leute fahren die 16 Kilometer nach Jefferson, um ihre Lebensmittel einzukaufen oder Milch und Eier mitzunehmen, wenn sie beim Kum & Go-Verbrauchermarkt tanken.
(...) So ziemlich das einzige florierende, stehen gelassene Unternehmen in Churdan ist der Getreidesilo, der am anderen Ende der Stadt wie ein fensterloser Betonwolkenkratzer emporragt. Der hält sich, denn, Menschen oder keine Menschen: Der Mais kommt weiter immerzu, jedes Jahr noch mehr davon.
(Quelle: Das Omnivoren-Dilemma, Wie sich die Industrie der Lebensmittel bemächtigte und warum Essen so kompliziert wurde. ISBN: 9783442219339)
-gm-
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