Lob! Ein Irrtum?

In meiner letzten Infoveranstaltung habe ich darüber gesprochen, dass die Gewaltfreie Kommunikation das Loben (als positives beUrteilen oder beWerten) ablehnt. Da war das Ertsaunen und die Überraschung groß. "Wie, Lob wird abgelehnt?", "Und wir erzählen unserern Teilnehmern loben, loben, loben", und andere Aussagen waren zu hören.

Ich möchte dies zum Anlass nehmen um aufzuzeigen was Lob anrichten kann und wie es auch anders geht.

Loben
den Anderen (positiv) be-urteilen oder be-werten
    • Du bist hübsch
    • Also, das hast du sehr gut gemacht
    • Ich bin deiner Meinung
    • Du bist doch sehr fleißig
    • Sie können das doch so gut, können Sie nicht mal mit dem Kunden sprechen?
    • Du bist ein gutes Kind
    • Aus dir wird mal ein guter Fußballspieler
    • Du hast sooo schönes Haar
    • Du hast die Intelligenz, die besten Noten zu bekommen
Im Gegensatz zur allgemeinen Überzeugung, dass Lob immer guttut, hat es auch oft einen negativen Effekt. Eine positive Einschätzung, die nicht der eigenen Vorstellung entspricht, kann Feindseligkeit hervorrufen.
    • Ich bin nicht hübsch, ich bin hässlich
    • Ich hasse mein Haar
    • Ich habe nicht gut gespielt. Ich war miserabel
Wenn jemand positiv urteilt, kann gefolgert werden, dass bei anderen Gelegenheiten auch negativ geurteilt wird.

Darüber hinaus kann ein Ausbleiben von Lob – in Familien, Unternehmen, u.s.w. wo häufig gelobt wird – als Kritik verstanden werden.
    • Du hast keine nette Bemerkung über das Essen gemacht, also schmeckt es dir nicht!
    • Sie sind überhaupt nicht zufrieden mit meiner Arbeit, denn sonst hätten Sie sich positiv geäußert 
Lob kann als Manipulation empfunden werden
    • Sie können das doch so gut, können Sie nicht mal mit dem Kunden sprechen? 
    • Heute fährst du vorsichtiger Auto
Bei dieser landläufig gewohnten Art der „Anerkennung“ bekomme ich das wohltuende Lob dafür, dass ich den Maßstäben eines anderen genüge, entspreche.

Er misst, definiert und beurteilt gemäß seinen Kriterien, ob ich mich „richtig“ oder „falsch“ verhalten habe, inwiefern ich „gut“ oder „schlecht" bin und drückt das aus, als sei es objektiv wahr.

Das Kind das für eine 1 in den Schulnoten gelobt wird, hat zwar den Erwartungen der Eltern entsprochen, aber ob es sich selbst so wohler fühlt, interessiert niemanden. Sein handeln entspricht also nicht „unbedingt“ seinen eigenen unmittelbaren Bedürfnissen. Damit kann ein erster Schatten auf die Freude, gelobt zu werden, fallen.

Die Anerkennung des anderen hängt davon ab, wie sehr ich seinen Maßstäben entspreche. Wenn mir an diesem Menschen liegt oder ich gar „abhängig“ von ihm bin, werde ich mich nach seinen Regeln und Bewertungen richten und messen lassen.

Dieses Konzept fördert meine Anpassung, nicht meine Authentizität und/oder meine Autonomie als freier selbstverantwortlicher Mensch.

Erst gestern erfuhr ich von einem 8 jährigen Mädchen das sich krank-gelobt hat. Uups, was ist den das? Diese Mädchen wurde von den Eltern gelobt um dem Bruder zu zeigen wie schlecht er ist. Nicht wie toll das Mädchen ist, sondern - ja - wie schlecht er ist. Und das Mädchen richtet all seine Kraft darauf aus, Dinge zu tun um Lob zu erhaschen. Das Kind ist in therapeutischer Behandlung.
 
Möchten wir wirklich solche Menschen züchten?

Ja, darf dann gar nicht mehr gelobt werden?

Nun, folgende Fragen zum NAchdenken:
- was ist die Motivation eines Lobes?
- möchte der gelobte das überhaupt hören?
- fällt euch auf, dass hinter jeder Lob-Botschaft das Pronomen "Du" steckt, gefolgt von einer 
  positiven Einschätzung dieses "Du"?

Es ist allzu natürlich, dass manchmal , etwas das jemand tut ein starkes Gefühl in einem auslöst - Erleichterung, Freude, Überraschung, Ekstase, Interesse. Wie sollen wir das jetzt, ohne Lob zu benutzen, um all die oben beschriebenen Aussagen zu vermeiden, ausdrücken? Wie kann ich denn jemandem all das sagen, ohne all diese Risiken einzugehen. Nun, dafür gibt es eine einfache Alternative:

Die positive Ich-Botschaft

Eine Alternative zum Lob kann diese Ich-Botschaft sein. Denn diese Botschaften vermitteln dem Gegenüber wie sein Verhalten auf mich wirkt. Und ich lasse ihm - dem Gegenüber - in seiner eigenen Überzeugung. 
    • Ich fühle mich gut, wenn ...
    • Ich war ganz aufgeregt, als ...
    • Ich war angenehm überrascht, als ...
    • Ich habe mich so gefreut, als ...
    • Ich war erleichtert, als ...
    • Ich war sehr entspannt, als ...

Ich gebe kein Urteil über die andere Person ab. Dieser feine Unterschied ist sehr wichtig. Denn genau diese Urteile sind Bestandteile des Lobens, welche so viele Probleme verursachen. Versuchen Sie diesen feinen Unterschied im folgenden Beispiel zu erkennen:

"Das war aber toll von dir, nach deiner Party hier aufzuräumen" (Lob)
"Ich war richtig erleichtert als ich nach Hause kam und alles hier war aufgeräumt. Ich hatte nämlich keine Lust aufzuräumen". (Positive Ich-Botschaft)

In diesem Sinne: Denken wir einmal über das Loben nach.
 
Mehr über das Loben im Zusammenhang mit der GFK finden Sie in meinem online-Event: zum Online-Event
 
-gm-

Kommentare erwünscht!

Kommentare

  1. Hallo Georg,

    ein sehr interessanter Ansatz. Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht.
    Es ist sicher eine wichtige Umstellung über sein "Ich-Empfinden" zu sprechen. Ist für mich völlig ungewohnt. Mit wurde immer gelehrt mich selber nicht so wichtig zu nehmen. Deshalb habe ich über das eigene Empfinden einfach nicht gesprochen.

    Werde ich jetzt einfach versuchen.

    Viele Grüße

    Herbert Seeger

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eheprobleme im ewigen Eis - Johann König

Jiddu Krishnamurti spricht über die Liebe

Du hast keinen Fehler gemacht...